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Öffentlichkeitsarbeit

Da ich im März viele Tage Zeit hatte, mir Gedanken über mein weiteres Vorgehen bezüglich des Verschwindens der Igel zu machen, habe ich mich zum nächsten Schritt entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen. Auch wenn ich bislang riesen Wirbel gemacht habe, waren dennoch nur wenige Personen in das Verbrechen mit eingeschaltet. Das soll sich nun ändern.

 

Tagebuchauszug:

 

Sehr geehrte Damen und Herren der Vorstandschaft,

 

ich habe ein besonderes Anliegen und denke, dass ich in der 'Partei der […]', also bei Ihnen, ein offenes Ohr und einen Ansprechpartner finde.

 

Ich wohne in der […]straße. Seit vielen Jahren beobachte ich die Igel, die zum einen aus diversen Nachbargärten kommen, zum Teil aber auch auf dem hinter unserem Gelände angrenzenden Feld stammen. Seit einigen Jahren kommen die Tiere durch verschiedene Umweltprobleme wie die zunehmende Erderwärmung und den Insektenschwund in Not, was sich so abzeichnet, dass sie zum Teil gegen Ende des Sommers stark unterernährt sind, zum Teil viel zu spät im Jahr ihre Jungen bekommen. Seit knapp 3 Jahren unterstütze ich die Tiere mit Nahrung, sobald sie diese benötigen, und Wasser ab den warmen Monaten dauerhaft. Ich hatte 2019 im November sogar 5 Päppeligelchen, die alle noch keine 400g wogen. Im Jahr 2020 hatte ich im August jede Nacht bis zu 20 Tiere an den Fressstellen. 

 

Leider mochte ein Mitbewohner aus unserer Gemeinde die Tiere nicht und hat sie in der Nacht vom 14. auf den 15. August aus der Natur genommen, sprich, der Verdacht liegt nahe, dass er sie vergiftet hat. Es ist ein enormer Schaden entstanden, da in dieser Zeit die Weibchen ihre Nester hatten und sie leider nicht mehr versorgen konnten.

 

Igel stehen unter Naturschutz, gelten als besonders geschützte Tiere. So weit, so gut. Doch welches Amt oder welche Behörde ist dafür zuständig, wenn Igel im großen Stil der Natur entnommen werden?

 

Nun ging für mich eine Odysee los. Ich habe viele Tier- und Naturschutzverbände kontaktiert, das Ordnungsamt, die Umweltbehörte, den Landschaftserhaltungsverband, Vetärinäramt, Tierarzt. Resultat: man wünschte mir viel Glück bei meiner Bitte, mich zu unterstützen, sei es bei der Auffindung toter Tiere, sei es bei der Recherche und den Wegen, die zu gehen waren, damit dieses Verbrechen nicht unbestraft blieb. Mut zugesprochen haben mir nur der NABU Karlsruhe, der über einen Karlsruher Tierschutzbund auf mich aufmerksam wurde und die WiTAS Karlsruhe, bei denen ich Mitglied bin, und mich bestärkt, die Polizei einzuschalten.

 

Die Umweltschutzpolizei übernahm ab Oktober den Igelfall. Vor ein paar Tagen kam ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, dass man wegen Mangels an Beweisen das Verfahren einstelle. Klar, man hätte den Igel-Verbrecher auf frischer Tat erwischen müssen, was fast unmöglich ist. Klar ist aber auch anhand der Bodenproben, die ich abgegeben habe, dass mit Gift gearbeitet wurde, das andere Tiere wie Hunde oder Freigängerkatzen genauso hätten aufnehmen können.

 

Jetzt aber meine Fragen: In wieweit ist es für unsere Gemeinde interessant zu wissen, dass Wildtiere der Natur entnommen werden, eventuell sogar vergiftet werden? Bei Gift betrifft das die Wildtiere, die sich auf dem Feld hinter der […]straße aufhalten genauso wie die Hunde und Katzen, die hier ihren Auslauf bekommen. Mein Anliegen ist es, die Bewohner des Ortes sensibel für ihre Tiere zu machen, weiß aber nicht, wie ich weiter vorgehen kann und wende mich deshalb an Sie[…]. Ich bin hier ziemlich weit gekommen, und der Igel-Verbrecher wurde wenigstens von der Polizei eingeschüchtert. Ob er nun Ruhe gibt, weiß man nicht, deshalb  möchte ich wachsam bleiben, brauche aber einen Partner an meiner Seite, der mich unterstützt.

 

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich von Ihnen hören würde. Gern zeige ich Ihnen, um was es hier bei dieser Problematik genau geht, da ich das Thema leider in der Kürze einer E-Mail nur anreißen konnte. 

 

In der Tat bekam ich Unterstützung, ein Vorstand der Partei stand mir zur Seite. Der Bürgermeister wurde eingeschaltet und letzten Endes bekamen wir im amtlichen Teil des Ortsblatts eine halbe Seite Platz, einen Artikel über das Verschwinden der Igel zu veröffentlichen.

 

Resultat: meine Nachbarn drehten schier durch, im wahrsten Sinn des Wortes. Man hörte sie brüllen, dass ich nun endlich Ruhe geben sollte. Man überlegte sich, wie man mich zum Schweigen bringen konnte. Außerdem wurde ich von vielen Mitdorfbewohnern angesprochen, die sich persönlich noch einmal über den Fall informieren wollten.

 

Es grüßen mich nun Leute, die mich vor der Öffentlichkeitsarbeit nicht kannten, es drehen sich aber auch solche von mir ab, die mich aufgrund meiner Aktivitäten nun verachten und fassungslos mit dem Kopf schütteln. Damit kann ich auf alle Fälle leben.

 

Nun, ich bin alle Wege gegangen, die man als Privatperson gehen kann, habe viel erreicht, die Öffentlichkeit informiert. Ich fühle, dass ich jetzt zu einem Abschluss kommen kann, loslasse.