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Mein Held, der Umweltschutzkommissar

Was bewegt den Menschen, sich mit aller Macht gegen die Natur zu stemmen? In einem Prozess von vielen Millionen Jahren entwickelte sich ein Leben auf der Erde, wie wir es heute kennen. Der Mensch ist ein Teil dieses Schöpfungsprozesses, sieht sich aber anscheinend nicht mehr als solchen. Er steht über allem, sieht sich selbst als einen Gott an, der erschafft und zerstört. Er bekämpft die Tier- und die Pflanzenwelt, er beutet die Bodenschätze der Erde aus, vergiftet Gewässer, Böden, die Luft. Er stellt sich einem Kreislauf, der so alt ist wie das Leben selbst, in den Weg und vernichtet, was sich perfekt ohne Zutun des Menschen entwickelte. Als ob ihm das nicht ausreichen würde, dehnt er sich im Weltall aus.

 

Achtung, vor der Spezies Mensch ist nichts sicher.

 

Vor ein paar Tagen besuchte mich die Umweltschutzpolizei, der Igel wegen. Man hat mein Weinen um die Igel erhört, hat es ernst genommen. Ein Kommissar stattete mir einen Besuch ab, ließ sich von mir den Tatort zeigen, schüttelte immer wieder fassungslos den Kopf. Allein schon das Kopfschütteln des Mannes war mir ein großer Trost. Er verstand. Fühlte sich in die Tierwelt und in mich. Dann wendete er sich mir zu, sagte mir, sehr ernst blickend, dass es hier nach seiner Betrachtung nicht nur um die Igel gehe, sondern Feld und Wald auch davon betroffen seien. Hätte mein Nachbar tatsächlich mit Gift agiert, wäre weit größerer Schaden entstanden als nur das Töten der 20 Igel und dem damit einhergehenden Sterben der Jungtiere, deren Nester nicht gefunden wurden.

 

So hatte ich das nicht gesehen, da der Schmerz um die verlorenen Tiere mich für umfangreichere Betrachtungen untauglich gemacht hatte und ich mich noch nie in meinem Leben zu Spekulationen hinreißen ließ. Doch nun war der Gedanke in meinen Kopf gepflanzt und ich erinnerte mich an die Nacht, als die Tiere verschwanden. Ich hatte einige Tiere röcheln gehört, nach Luft ringen. Fuchs? Marder? Und wenn Giftköder auslagen, wie verhielten sich die Greifvögel, der rote Milan, der Turmfalke, der Bussart? Was passierte, wenn sie ein vergiftetes Tier fraßen, reichte es aus, sie selbst zu töten?

 

Er machte mir allerdings keine Hoffnungen, dass wir etwas gegen ihn ausrichten konnten. Man müsste ihn auf frischer Tat ertappen oder einen vergifteten Igel haben, um eine Hausdurchsuchung zu erwirken. Da beides fehlte, müsse er ihm zwar einen Besuch abstatten, doch wenn der Nachbar abstritt, etwas mit dem Verschwinden der Tiere zu tun zu haben, war es für den Umweltschutzkommissar und mich vorbei. Dann mussten wir uns damit abfinden, dass er straffrei davonkam und seine Giftelei immer wieder betreiben konnte.

 

Er verabschiedete sich aber mit Worten, die sich mir einbrannten: Bleiben Sie wachsam.

 

Mit Sicherheit bleibe ich wachsam meinen Nachbarn gegenüber. Doch was machen die? Mein Nachbar, seine Frau, sein Sohn, dessen Frau, deren Kinder? Alle grüßen sie mich, winken mir zu, wenn sie mich sehen. Warum so falsch, ihr Lieben? Ich verstehe bis heute nicht, warum mich diese Menschen anzeigen wollten, weil ich Wildtiere gesund pflegte, sie, weil sie unterernährt waren, päppelte. Wie konnten sie mich anzeigen wollen, stattdessen brachten sie die Tiere um und überschlugen sich nun vor Freundlichkeit mir gegenüber?

 

 

Wie nennt man ein solches Verhalten?