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Gesetze und Gesetzeshüter - Die Igeltragödie geht in die nächste Runde

Die Igel sind nicht mehr. Ich bin nicht mehr. Mein inneres Feuer ist erloschen, ausgeblasen von meinem Nachbarn. Ich verstehe nicht, wie eine solche Tragödie entstehen konnte. Fragen, immer kreisen die gleichen Fragen in meinem Kopf und ich kann sie nicht beantworten: Warum hat der Mensch das gemacht. Was haben ihm die Tiere gemacht.

 

Seit dem Tod der Igel liege ich oft in meinem Bett, kann nicht mehr aufstehen, habe nicht die Kraft, mich den Menschen zu stellen, denke an die schönen kleinen Stachelritter, die ihre Leben geben mussten, höre die Stimmen meiner Nachbarn, die triumphierend in ihrem Garten lachen und den Sonnenschein genießen. Das Geschehene lässt mich nicht los. Ich kann mich auf nichts als die Igeltötung konzentrieren. Sie sind ein Buch, das ich nicht schießen kann, das ich auch noch nicht schließen möchte.

 

Heute, Ende September, kann ich nur fassungslos mit dem Kopf schüttelnd und auf das zurückblicken, was sich seit den Igelmorden ereignete. Ich bin mir sicher, da kommt noch mehr.

 

Doch hören Sie sich in aller Ruhe an, was ich zu berichten habe und machen Sie sich ihr eigenes Bild darüber. Eines noch vorab. Igel stehen mittlerweile unter gesondertem Arten- und Umweltschutz. Sie gehören zu den besonders schützenswerten Tieren und auf sie sind hohe Strafen ausgesetzt. Wenn man mutwillig einen Igel tötet, einem das nachgewiesen und man vom Bund verurteilt wird, muss man 50.000€ bezahlen und es kann sein, dass man ins Gefängnis wandert. In Baden-Württemberg bezahlt man 25.000€, kann aber auch bis zu 3 Jahre einrücken. Es gibt also die Gesetze, die die Tiere schützen, aber wo befinden sich die Stellen, wo man einen Gesetzesbruch meldet?

 

Halb wahnsinnig vor Schmerz über den Tod meiner Schützlinge suchte ich mir den ganzen Sonntag, also den 15. August 2020 Adressen über Tierschutzverbände aus dem Internet. Am Montag begann ich mein Anliegen zuerst bei ProIgel, einem überregionalen Verein, der sich um Igelthemen kümmert, vorzutragen. Fehlanzeige. Nabu Baden-Württemberg, Fehlanzeige. Ordnungsamt Remchingen, Fehlanzeige. Polizei Remchingen, Fehlanzeige. Umweltschutzamt, Fehlanzeige. Landschaftserhaltungsverband, Fehlanzeige. Veterinäramt, Fehlanzeige. Örtlicher Tierarzt, Fehlanzeige. Fehlanzeige. Fehlanzeige. Fehlanzeige… Was bleibt da noch? Niemanden interessierten die getöteten Tiere, im Gegenteil, man bat mich, nicht mutwillig Behauptungen aufzustellen, die ich nicht beweisen konnte.

 

Immerhin ließ sich das Veterinäramt darauf ein, dass, sollte ein toter Igel auftauchen, sie ihn untersuchen und weitere Schritte einleiten würden. Ich erstellte ein Plakat, das ich an mehreren Stellen in Remchingen aufhängte. Darauf stand die Bitte, mich bei der Auffindung toter Igel zu unterstützen. Mein Lebensgefährte und ich suchten täglich die Gärten der Nachbarn ab, die Felder. Leider alles ohne Erfolg. Doch ein Erfolg stellte sich doch ein, die Nachbarn wurden in der Tat darauf aufmerksam und zeigten Verständnis.

 

Mitte September war ich auf einem Igelseminar, brachte das meinen Igeln Zugefügte zur Sprache. Der Seminarleiter sagte mir, ich solle noch einmal bei der örtlichen Polizei und dem Ordnungsamt Druck machen, die seien in der Tat die richtigen Ansprechpartner. Sollte ich zu keinem Ergebnis kommen, würde er einen Artikel in die überregionale Zeitung setzen lassen. Es könne nicht sein, dass man Tiere päpple, die selten zu werden drohten, viel Geld und Zeit in sie investiere und ein alter Mann würde das Ergebnis von zwei Jahren Arbeit in einer Nacht zu Nichte machen.

 

So gestärkt von meinem Igelpäppler baute ich Druck auf. Ich musste mir zwar von der Polizei anhören, warum ich sie wegen ein paar toter Tiere belästigen würde, doch zu guter Letzt landete das Thema tatsächlich bei der Umweltschutzpolizei.

 

 

Wie die Sache weiter geht, weiß ich noch nicht, fühle aber, dass da noch eine Menge Arbeit auf mich zukommt, Arbeit an mir, Arbeit an meiner verwundeten Seele. Die Tiere müssen, es hört sich jetzt nicht schön an, gerächt werden. Ich fühle, dass ich das Thema nicht loslassen kann, weil die Tiere es nicht verdient haben, einfach abgeschlachtet worden zu sein. Ich muss Lärm machen, muss die Nachbarn weiterhin darauf aufmerksam machen, muss für die Zukunft die kommenden Tiere schützen. Es tut weh, die lustigen Tiere immer wieder in meinem Kopf, meinem Herzen zu fühlen und zu wissen, sie sind nicht mehr, sie verloren einen Kampf, den sie nie gewinnen konnten. Deshalb kämpfe ich weiter, weil ich weiß, wie die Menschen ticken, mit welchen Giften sie arbeiten, was sie bewegt, etwas zu tun, das verboten ist. Ich beschäftige mich damit, ich versuche, etwas zu erreichen, und es fühlt sich richtig und gut an.