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Der Zoobesuch

Neulich war ich im Karlsruher Zoo. Ich betrat ihn durch den Eingang ‚Bahnhof‘. Der Geruch nach Tieren und die Gondolettas auf dem kleinen See, die herumstolzierenden Pelikane und die Flamingos riefen Erinnerungen in mir wach, die mich in meine Kindheit zurückführten. In mich hinein schmunzelnd setzte ich mich auf eine mir nahestehende Bank. Mein Blick streichelte den saftigen grünen Rasen und die bunten, sich bewegenden Besucherkleckse, die Kinder, Böllerwagen, Kinderwagen hinter sich her zogen oder vor sich her schoben. Und nun grüßte mich mein letzter Zoobesuch.

 

Was denken Sie, wann der war? Vor Ewigkeiten. Vor 44 Jahren.

 

Ich sehe meine Oma. Deutlich steht sie vor mir und lacht mich an. Sie hat noch dunkelblonde Haare, trägt sie kurz und lockig. Jahre später sind die Haare weiß, aber immer noch kurz und lockig. Ihr luftiges Blumen-Sommerkleid weht ihr um die dünnen Beine. Immer, bei jeder Gelegenheit, sagt sie, dass ihre Storchenbeine nicht schön sind, weil kein Fleisch an ihnen ist. Ich habe diese Storchenbeine geliebt, damals und bis zu ihrem Tod vor 6 Jahren, und darüber hinaus. Damals war ich mit ihr dort in Karlsruhe, und wir hatten viel Spaß zusammen. Wir machten uns einen schönen Tag, zuerst im Zentrum der Stadt, der Kaiserstraße, wo ich sie in den Spiel-warenladen Doering quengelte und ihr ein Stofftier für mich abschwatzte, einen Orang-Utan von Steiff, mit Knopf im Ohr. Ich war stolz wie Bolle auf dieses Tier und freute mich auf seine echten Artgenossen. Die Straßenbahn kam und wir fuhren meinen kleinen und großen tierischen Freunden entgegen.

 

Ungeduldig, meine Oma halb schiebend, halb ziehend, betraten wir den Zoo. Flamingos und Pelikane grüßten damals, so wie sie es heute tun. Das Gelände war für mich unüberschaubar, für meine Oma wohl auch. Zuerst irrten wir ein wenig orientierungslos auf den angelegten Wegen, ließen uns dann aber gemütlich treiben, wir hatten die Zeit und die Laune dazu. Folgten unseren Instinkten und den Wegweisern. Als wir vor der Käfiganlage der Großaffen standen, betrachtete ich sie mir genau. Zum einen war mein Steiff-Affe schöner als seine lebenden Vorbilder, zum anderen taten sie mir plötzlich unendlich leid, weil sie eingesperrt waren und ich mich frei bewegen konnte. Und wie ich über die eingesperrten Affen nachdachte, kamen mir die anderen Tiere in den Sinn, die sich träge in ihren Gefängnissen bewegten. Abends in meinem Bett, mein Orang-Utan lag auf meiner Brust, dachte ich lange über die eingesperrten Tiere nach und behielt diesen Gedanken die kommenden 44 Jahre bei.

 

Neulich, im Karlsruher Zoo. Nachdem ich mich von meiner Bank erhoben hatte, waren meine ersten Anlaufpunkte die Flusspferde und die Elefanten. Und plötzlich kamen mir die Tränen, als ich die sanften Riesen eingesperrt sah. Das Gefühl von damals, vor 44 Jahren, das mich unendlich traurig gemacht hatte, war wieder da. Käfige, Gitter, das fühlte sich falsch an. Und urplötzlich traf mich die Erkenntnis über diese eingesperrten Tiere wie ein Schlag. Sudan kam mir in den Sinn, das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn, das vor kurzem gestorben war. Der Mensch war verantwortlich dafür, dass diese Unterart der Breitmaulnashörner auf der roten Liste gelandet war und es mittlerweile nur noch zwei Weibchen gibt. Somit ist abzusehen, dass sie in einigen Jahren komplett verschwunden sind.

 

Um das Tier vor dem Menschen zu schützen, der es zu vernichten droht, müssen wir es einsperren, und von Menschen bewachen lassen. Ist das nicht ein Irrsinn? Ich sage, der Mensch gehört eingesperrt, damit das Tier leben kann. Diese Erkenntnis wird mich hoffentlich mein Leben lang begleiten und helfen, dazu beizutragen, dass es den Tieren auf unserer Erde wieder besser geht und sich eventuell Bestände erholen.

 

Vielleicht haben Sie Lust, über diesem brisanten Thema zu Clustern. Nehmen Sie als Clusterkern Tiergefängnis oder Umweltschäden.

 

Anschließend schreiben Sie einen Text in Form einer Geschichte oder eines Gedichts darüber.