Geht es Ihnen auch so, dass Sie einen oder mehrere Plätze haben, an dem oder denen Sie sich richtig wohl fühlen? Wo Sie sich gehen lassen können, sprich, sich vom Alltagsgeschehen zurückziehen und zur Ruhe kommen? Wo Sie mühelos Ihren Gedanken nachhängen? Aber auch, wo Sie vom absoluten Grauen gepackt werden? Wo Sie sich fürchten? Wo Ihnen Geister über die Füße rennen?
Wenn Sie diese Fragen mit JA beantworten, sind das Ihre idealen Schreiborte.
Aber können Sie den Begriff Schreibort überhaupt näher definieren?
Ich helfe Ihnen dabei. Ein Schreibort ist ein Platz, der idealerweise tiefe Emotionen in Ihnen auslöst und damit ihren Schreibprozess in die Gänge bringt.
Er muss Sie inspirieren, damit Ihre Ideen fließen können. Er sollte Ihnen aber auch genauso die Ruhe verschaffen, die Sie benötigen, um sich auf Ihre Textproduktion
einzulassen. Es ist der Ort, an dem Sie mühelos in Ihr Unterbewusstsein abtauchen und nach neuen Schreibwegen suchen können. Es muss nicht das rosarote Zimmer mit Rüschenkissen und Spitzenvorhängen sein, es kann sich bei Ihrem Schreibort genauso gut um ein dunkles, modrig riechendes Kellergewölbe handeln, das von Spinnen besiedelt ist. Was Sie in Schreibstimmung bringt, liegt einzig bei Ihnen und ist dadurch richtig und gut.
Jeder Schreibende sollte mehrere Schreiborte haben. Neben seinem Schreibort zu Hause sollte er irgendwo in der Welt ebenfalls heimisch sein, sich gehen lassen können, inspiriert werden.
Ich habe derzeit zwei mir sehr wichtige Schreiborte, die ich sehr schätze und in mir pflege.
Zum einen möchte ich Ihnen von meinem See berichten. Der See, eigentlich sind es zwei Seen, die mit einem Durchstich untereinander verbunden sind, liegt bei Karlsruhe. Er war in meiner Kindheit Baggersee und wir (meine Familie und ich) fuhren ab und zu zum Baden dorthin. Wir hatten immer viel Spaß dabei, ruderten mit unseren Luftmatratzen über das Wasser, tauchten nach Hechten, zogen Wasserpflanzen an unseren Liegeplatz, suchten nach ‚Strandgut‘. Meine Kindheit nahm die Erinnerung an dieses schöne Gewässer und unsere Erlebnisse mit, als ich erwachsen wurde. Er entfiel mir einfach, war in meinem Unterbewusstsein sehr tief vergraben. Als ich aus einem tollen Urlaub von Irland zurück kehrte und dringend eine grüne Ersatzlandschaft benötigte, um mich auftanken zu können, wann immer meine Akkus leer waren, entdeckte ich meinen See neu. Er war mittlerweile renaturiert worden. Es hatten sich seltene Vogel-, Reptilien- und Pflanzenarten dort eingefunden und angesiedelt, genau das, was ich für eine lange Zeit brauchte, ein Karlsruher Urwald. Wann immer mir danach ist, fahre ich in mein kleines Paradies, das nur im Sommer von einigen Badegästen betreten, ansonsten von Spaziergängern wie mir, die vereinzelt das grüne Wasser genießen, heimgesucht wird. Und…es gibt dort eine urige Kneipe, ein Fischerheim, auf dessen Terrasse ich rastend, ruhend, beherbergend, mir die Inspiration zu vielen Geschichten geholt habe und weiterhin holen werde. Einige Menschen halten sich dort schreibend auf, was mich zusätzlich inspiriert. Sie zu beobachten macht Spaß. In ihren Gesichtern zu lesen regt selbst zu Neuem an. Ein wunderbarer Ort, neue Energie zu tanken, neue Gedankenwege zu finden, die Kraft zu bekommen, diese auch umzusetzen. Ich bin immer wieder gern dort.
Mein zweiter Schreibort ist ebenso besonders wie mein See, er befindet sich in einem alten Schloss in Bauschlott. Es ist ein Veganercafé, das an und für sich schon etwas ganz Besonderes ist, dass es sich in einem Schloss befindet, macht es zu etwas Einzigartigem. Man sitzt im Garten unter einer wunderschönen sehr alten, riesengroßen Magnolie. Karierte Tischwäsche bedeckt weiß lackierte Metalltische. Glasvasen beherbergen Wildblumen. Man fühlt sich, immer das alte Gemäuer vor Augen, der modernen Welt entrückt. Das Café im Innenbereich ist in drei Zimmer unterteilt, in einen dunklen Kreuzgangraum, einen hellen, reichlich mit Stuck verzierten Empfangsraum und eine kleine Orangerie. Alle Räume sind mit feinen Möbeln aus dem 19. Jahrhundert bestückt. Die Menschen, die sich in diesem Café aufhalten, sind, wie die Räumlichkeiten, besonders. Besonders deshalb, weil ihnen etwas Mystisches anhaftet. Die Spiritualität ist Selbstverständlichkeit. Sie strahlen aus tiefstem Inneren. Zufriedenheit, Nächstenliebe sind groß geschrieben. Kreativität ist auf jedem Quadratzentimeter Schloss anzutreffen, sei’s, in den Blumen-Kunstwerk-Torten,
die verkauft und genossen werden und wahre Geschmacksbomben sind, aber auch in
den Liedern, die vorgetragen werden, oder den philosophischen Gesprächen, die
dort stattfinden. Und was machen meine Schreibideen? Sie sprudeln im Minutentakt. Kaum, dass ich mich an einen der gemütlichen Tische gesetzt habe, überschwemmt mich mein Unterbewusstsein mit Unmengen neuer Ideen. Meine Gedanken durchqueren die Schlossmauern, die alten Stallungen, halten sich in den Gärten auf, verweilen im Kutschergebäude. Wichtig. Das Scribble book muss griffbereit neben mir liegen. Hier kommt es in vollem Umfang zum Einsatz.
Nun habe ich eine Bitte an Sie.
- Machen Sie sich doch selbst einmal Gedanken zu Ihrem Scheibort.
Haben Sie einen besonderen Schreibort?
Was macht ihn besonders?
Wie sieht er aus?
Fühlen Sie sich an Ihrem Schreibort wohl?
Oder gruselt es Sie ein bisschen?
Würden Sie gern etwas verändern? - Clustern Sie, wie Ihr Traum-Schreibort aussehen könnte und beschreiben Sie ihn in einer kleinen Geschichte.
Scheuen Sie sich nicht davor, Ihren Traum-Schreibort z. B. auf den Mond zu verlegen, oder in die Tiefsee. Alles ist möglich, alles ist erlaubt.